Home Life Works Texts Gallery Literature Wish List
News Letters Bookshop Donations Links Mailing List Contact

Asit Krishna Mukherji

Chapter 1, part 7 of
And Time Rolls On: The Savitri Devi Interviews

(Atlanta, Georgia: Black Sun Publications, 2005)

von Savitri Devi
Ediert von R.G. Fowler
Übersetzt von Wilhelm Hartmann

Illustration: Savitri Devi's husband Asit Krishna Mukherji, 1943.

7. Asit Krishna Mukherji1

In jenen Tagen kannte ich Herrn Mukherji noch nicht. Ich habe seine Existenz nicht einmal geahnt. Aber ich kannte eine Zeitung mit dem Namen The New Mercury. Sie wurde in Kalkutta von A.K. Mukherji herausgegeben. Und diese Zeitung war die einzige Hitlerzeitung in Indien. Es war ein kulturelles und ein wenig politisches Magazin, aber mehr kulturell als irgendwas anderes. Es enthielt Artikel wie zum Beispiel über die Geschichte des Hakenkreuzes oder die Wiedergabe eines vom Führer selbst geschriebenen Artikels, „Staat und Architektur“. Die weiteren Artikel beschrieben das Heimatland der Arier und dieses und jenes. Ich las die Zeitung stets mit Vergnügen.

Und die Durchschnittszeitungen wurden immer antideutscher. Das heißt, daß nach dem Einfall der Juden in Indien im Jahre 1933 das Geld, das sie den Zeitungen gaben, die Presse langsam, langsam umdrehte. Und von 1937 an war sie völlig auf der anderen Seite. Da gab’s Geschichten über Nazi-Greueltaten oder Unterdrückung, Tyrannei und was weiß ich nicht alles und über die „armen Juden“. Und die Leute sprachen darüber. And ich pflegte zu sagen: „Nun, die armen Juden haben im alten Testament so viele Dinge getan, daß ich keine Zeit für sie habe. Ihre Greueltaten im alten Testament waren weitaus schlimmer.“ „Ach, das ist doch Jahrtausende her, Jahrtausende!“ „Das macht für mich keinen Unterschied. Es ist dasselbe. Zeit zählt für mich nicht.“

Immerhin las ich diese Zeitung mit Vergnügen. Und eines Tages fragte ich einige Griechen, die ich kannte: „Kann ich nicht diesen Gentleman kennenlernen, der diese Zeitung herausgibt?“ Sie sagten: „Ja, er war mal einer unser Nachbarn. Wir können Sie ihm vorstellen.“ Und ich wurde Herrn Mukherji am 9. Januar 1938 vorgestellt. Und als ich ihm erzählte, daß ich mal in Shantiniketan war, sagte er: „Aha, dann sind Sie die Person, die ich mich 1935 zu treffen weigerte.“ Ich sagte: „Warum haben Sie sich geweigert mich zu treffen?“ Er sagte: „Ja, ich kannte Sie nicht. Irgend jemand erzählte mir nur, daß sich in Shantiniketan eine griechische Frau aufhalte, die mehr oder weniger meine Ideen vertrete. Und ich sagte: ‚Das kann nicht sein. Sie kann nicht meine Ideen vertreten und wenn dem so sein sollte, warum ist sie dann in dieses Judennest Shantiniketan gekommen? Warum ist nicht irgendwo anders hingegangen? Sie kann nur eine Jüdin aus dem Gettho von Thessaloniki sein.“ Ich sagte: „Natürlich war ich das nicht.“ Er sagte: „Ich kenne Sie jetzt. Ich kann es nun sehen. Aber warum sind Sie an diesen Ort, Shantiniketan, gegangen?“ Ich sagte: „Weil es dort billig war. Für anderthalb Pfund konnte man da inklusive aller Unkosten sechs Monate lang leben. Und ich hatte nicht viel Geld. Ich bin da hingegangen um Hindi zu lernen.“ „Gut, das weiß ich ja jetzt. Es tut mir sehr leid, daß ich Sie damals nicht treffen konnte.“ So in der Art. Das war Mukherji.

Immerhin hatten wir ein Gespräch, ein langes Gespräch. Eine seiner ersten Fragen war: „Was halten Sie von Dietrich Eckart?“2 Ich war erstaunt darüber, einen Inder von Dietrich Eckart sprechen zu sehen. Ich sagte: „Nun, ich weiß, daß er am 23. Dezember 1923, kurz nach dem Putsch, gestorben ist. Er war ein Dichter. ‚Deutschland erwache’, ich erinnere mich an sein Gedicht. ‚Sturm, Sturm, Sturm. Deutschland erwache!’“ Er sagte nichts dazu. Tatsächlich war Eckart weit mehr als das. Er wurde in die Thule-Gesellschaft3 eingeführt, die Geheimgesellschaft, die hinter dem Nationalsozialismus stand. Mukherji wußte das wahrscheinlich. Und ich wußte es in jenen Tagen nicht.

Und wir redeten über allerart Dinge. Wir unterhielten uns über Geschichte. Ich war erstaunt über den Umfang seines Wissens der byzantinischen Geschichte. Ich sagte: „Wo haben Sie denn je die Möglichkeit gehabt, byzantinische Geschichte zu lernen?“ Er sagte: „Sehen Sie, meine Doktorarbeit handelte vom zaristischen Rußland, der Verbindung zwischen dem zaristischen Rußland und Großbritannien im neunzehnten Jahrhundert, ihre Beziehungen, vor allem in Verbindung mit Indien und Afghanistan.“ Es war die These seiner Doktorarbeit an der Universität von London.4 „Und das zaristische Rußland ist die Fortdauer von Byzanz. Man kann die Geschichte Rußlands und die Mentalität der Zaristen nicht verstehen, wenn man nicht Kenntnis der byzantinischen Geschichte besitzt. Also habe ich byzantinische Geschichte gelernt.“ Ich sagte: „Gratulation, Sie machen Ihre Sachen gründlich. So etwas gefällt mir.“ Und wir wurden Freunde. Ich sah in ihm eine Person, die wirklich unsere Ideen vertrat, nicht, weil er direkt Hitlerist war, sondern weil er Hitlerist war, weil er ein orthodoxer Brahmane war. Und er sah in unserer Weltanschauung, wenn man so will, eine westliche Ausgabe seiner eigenen Philosophie, seiner Philosophie, die die arische Rasse über andere erhob und die Idee der Hierarchie aller Rassen unter dem Arier.

Er hatte The New Mercury gerade aufgegeben. Das heißt, The New Mercury wurde eingezogen. Er hatte keine Exemplare mehr davon. Er wurde von den Briten entsprechend ihres Kurswechsels von 1937 verboten. Und ich sagte: „Was werden Sie nun tun?“ Er sagte: „Jetzt ist The New Mercury zum Schweigen gebracht und ich mache etwas anderes. Ich stehe mit den Japanern in Verbindung.“ Tatsächlich war er die rechte Hand des japanischen Generalkonsuls.5 Er sagte: „Ich gebe eine neue Zeitung heraus, The Eastern Economist, für japanische Interessen. Würden Sie dafür schreiben wollen?“

Also schrieb ich für die Zeitung einen Artikel über Shinto. Darin schrieb ich einen Abschnitt zum 14. August 1281.6 Es war der Tag, an dem die Flotte des Kublai Khan Japan angriff – oder besser gesagt: Japan angreifen wollte. Der Angriff wurde von einem Sturm verhindert. Wie bei der unbesiegbaren Armada 1588 in England. Und der japanische Kaiser, Meiji, schrieb ein Gedicht darüber: „Bis zum Ende eurer Kräfte tut, was immer ihr könnt und wenn das getan ist und ihr nichts weiter mehr tun könnt, kniet nieder und dankt dem göttlichen Wind von Ise dafür, daß er die Tartarenflotte auseinandergetrieben hat.“

Der göttliche Wind von Ise ist der heiligste Schrein Japans. Wenn die japanische Regierung etwas Wichtiges will, schickt sie eine Delegation nach Ise. 1940 oder ’41 schickten sie eine Delegation, die die Götter fragte: „Sollen wir die Vereinigten Staaten angreifen?“ Die Götter antworteten: „Ja.“ Also griffen sie die Vereinigten Staaten an. ’45, nach der Hiroshima-Bombe, sagten sie: „Sollen wir kapitulieren und das Land retten oder alle sterben, alle von uns?“ Die Götter sagten: „Nein, sterbt nicht. Japan muß leben.“ Es war eine gute Zeit zum Kapitulieren und sie kapitulierten.

Sie waren den Amerikanern gegenüber sehr höflich und als die Amerikaner sagten: „Die Demokratie ist das Beste.“ Sagten sie: „Oh, ja, ja, ja.“ „Euer Kaiser ist kein Gott.“ „Gut, er ist ein Mensch.“ „Und ihr dürft nicht solchen Unsinn wie Kojiki in den Schulen lehren.“ Kojiki ist die Geschichte der Götter. „Das dürft ihr in den Schulen nicht lehren. Das ist Unsinn.“ „Gut, wir werden es nicht lehren.“ Und dieses und jenes und Lächeln und Grüße dort. Bis die Amerikaner einen guten Friedensvertrag gewährten und abzogen. Und als sie weg waren, wurde am nächsten Tag in den Schulen Kojiki gelehrt. Sie sagten: „Jetzt seid ihr weg. Nun können wir tun, was wir wollen.“ Ich wünschte, die Deutschen hätten dieselbe Haltung. Ich wünschte, die Deutschen hätten dieselbe Haltung.

Aber nicht nur das, sondern die Sache die sie machten – und es wäre das erste, was ich mir anschaute, wenn ich jemals nach Japan ginge –, sie errichteten einen Schrein für Tojo, den japanischen Premierminister während der großen Tage, den Verbündeten Adolf Hitlers und seine Mit-Kriegsverbrecher, die von den Amerikanern zusammen mit ihm gehängt wurden. Sie haben einen Schrein. Aber wo befindet sich der Schrein? Einige Schritte von Hiroshima entfernt, in Gamagore. Die Schulkinder schauen sich Hiroshima an. Einen Teil davon haben sie so belassen, wie die Amerikaner es verlassen haben und sie erzählten den Kindern: „Das ist das Werk der Amerikaner. Das ist die von der Atombombe bewirkte Zerstörung. Nun werden wir dem großen Minister Tojo unseren Respekt erweisen. Nun gehen wir Tojos Schrein besuchen. Vor Tojos Bild und dem Bild der anderen sogenannten Kriegsverbrecher werden wir ein Räucherstäbchen entzünden.“ Und so ist das alles.
Warum tut das Deutschland nicht? Man stelle sich deutsche Schulkinder vor, die die Ruinen Dresdens oder eines anderen in diesem Zustand belassenen Ortes besichtigen gehen und das ihnen erzählt wird, welche Zerstörung die Alliierten über Deutschland gebracht hatten und das sie dann zu einem Schrein gehen, wo Bilder von Adolf Hitler, Bilder von Göring, Bilder von Himmler und anderen Leuten geehrt würden und das dort eine Rede gehalten würde und etwas erhebendes Gerede. Man stelle sich das vor. Das wird eines Tages so kommen. Nicht morgen.

(Bevor er The New Mercury begründete, reiste Herr Mukherji zwei Jahre lang durch Sowjetrußland.) Weil sie nicht wußten wer er war und ihn einfach für einen indischen Studenten hielten, wollten sie ihn zu einem indischen Propagandisten für den Kommunismus machen. Also verhätschelten sie ihn. Sie waren nett zu ihm. Er reiste erster Klasse, das heißt weich statt hart, durch ganz Rußland. Aber er beherrschte Russisch. Er hatte Russisch von den Weißrussen in London gelernt und sprach Russisch und schrieb Russisch und war ein sehr guter Russischschüler.

Und er schaute sich alles an. Sie zeigten ihm den Ort Pawlows, an dem Pawlow diese armen Hunde gequält hatte. Er war angewidert. Er haßte es. Sie zeigten ihm die Fabriken. Es interessierte ihn nicht. Sie sagten: „Was möchten Sie sehen?“ „Ich würde gern die alten Kirchen sehen.“ Also ließen sie ihn die alten Kirchen anschauen. Sie zeigten ihm alles, was er sehen wollte. Und am Ende sagten sie: „Würden Sie für uns kommunistischer Spion in Indien sein wollen?“ Er sagte: „Eigentlich nicht. Sehen Sie, ich würde lieber bei meiner Familie bleiben. Ich will meine Nase nicht in politische Angelegenheiten stecken.“ Und dieses und jenes.

Er wollte durch Zentralasien zurück nach Indien. Aber das erlaubten die Briten nicht. Er mußte über London zurückreisen. Er kehrte zurück. Landete in Indien. Die indischen Kommunisten empfingen ihn mit offenen Armen: „Mukherji, Sie waren zwei Jahre im Sowjetparadies, wie schön! Sie werden nun für uns schreiben.“ Er sagte: „Kein Stück.“ „Kein Stück?“ „Ich mag die Russen. Sie sind Menschen, einige von ihnen gut, einige von ihnen schlecht, so wie überall, aber das Regime mag ich nicht.“ „Sie mögen das Regime nicht? Komisch.“ „Ich mag es einfach nicht. Das ist alles. Ich werde nicht für euch schreiben.“

Und dann faßten die westlich geprägten Antikommunisten Vertrauen in ihn. „Nun, Mukherji, daß ist schön. Sie waren zwei Jahre lang in Rußland und mögen die Kommunisten nicht. Sie mögen den Kommunismus nicht. Schreiben Sie für uns. Wir sind Antikommunisten.“ Er sagte: „Sie sind keine Antikommunisten. Ich stecke Sie in denselben Sack wie die Kommunisten. Für Sie werde ich ebenfalls nicht schreiben. Sie sind genau dasselbe. Wo ist der Unterschied? Privater Kapitalismus, Kampf ums Geld und Staatskapitalismus. Wo ist der Unterschied? Sie sind nicht das, was ich will.“

Und nach ein oder zwei Monaten bringt er die einzige nationalsozialistische Zeitung Indiens heraus, The New Mercury. Die Kommunisten nahmen die erste Ausgabe und kamen zu ihm: „Mukherji, A.K. Mukherji, sind das Sie? Das können doch nicht Sie sein, schließlich haben sie zwei Jahre in Rußland verbracht. Sie können doch nicht so ein Zeug schreiben.“ Er sagte: „Nun, sehen Sie, ich überlasse das Ihnen. A.K. Mukherji könnten viele Leute sein. A.K. sind gebräuchliche Initialen.“ Irgendwie fanden sie aber heraus, daß er es war. Danach waren sie völlig gegen ihn. Tatsächlich hat er eine Schwester, deren ältester Sohn Kommunist war.7 Jedenfalls gibt es unter den Indern der hohen Kasten recht viele Kommunisten. Ich weiß nicht warum, aber es ist so.

(Herr Mukherji) wurde von seinem Bruder nach Europa geschickt. Sein Bruder war das Familienoberhaupt, weil der Vater starb, als er fünf Jahre alt war. Es war eine große Familie, acht Kinder. Zwei verheiratete Schwestern. Und sie gehörten einer sehr alten Brahmanenfamilie an. Sein Bruder, Ashoka – ich weiß nicht, ob er noch lebt, wenn er noch lebt, muß er über achtzig sein – ist absolut, nun, sie würden ihn für einen Europäer halten, wenn sie ihn sähen. Und Herr Mukherji selbst – wenn sie Sophia W— sehen, die Griechin, das heißt Europäerin, ist – er hatte eine hellere Hautfarbe als sie.8 Er hatte dunkle Augen, war ein mediterraner Typ, aber heller als Sophia, die Europäerin war. Und ein Bruder ist etwas dunkler als er. Seine Schwester ist dunkler als er. Er war einer der hellsten. Und er fühlte sich arisch.

Wissen Sie, die Brahmanen von Bengalen sind eigentlich keine Bengalen. Bengalen war vom frühen Mittelalter bis zum Anfang des zwölften Jahrhunderts ein buddhistisches Land. Buddhisten haben kein Kastenwesen. Das heißt, es gab Vermischung. Es gab eine Vermischung von Ureinwohnern, den Draviden, aller Arten von Leuten, aber keine Brahmanen. Dann, nach Palas, kam eine Dynastie, die Sena-Dynastie genannt wurde. Und der zweite König jener Dynastie, Vallaala Sena, wollte in Bengalen das Kastenwesen einführen. Also mußte er Brahmanen ins Land holen. Es gab in Bengalen keine! Er holte sie aus Nordindien.

Er holte mehrere Familien ins Land und diese Familien heirateten nur untereinander, weil es sehr strenge Heiratsregeln in Indien gibt. Man muß innerhalb seiner sreni – eine sreni ist die Unterteilung einer Kaste – und außerhalb seiner gotra heiraten. Eine gotra ist die Unterteilung einer sreni. Beispielsweise ist ein Mukherji, was sie in Bengalen einen Rari-Brahmanen nennen. Er sollte die Tochter eines Rari-Brahmanen heiraten, nicht aber eines Mukherji. Jemande außerhalb seiner gotra. Alle Mukherjis sind eine gotra. Er muß eine Banerjee oder eine Chatterji oder eine Gongody heiraten. Aber keine aus einer anderen sreni. Keine Laieri, keine Maitra, keine, die sie die Barendra-Brahmanen nennen. Er muß innerhalb der Rari-Brahmanen heiraten.

Wie also hat er mich geheiratet? Nun, wir heirateten, damit ich bei Kriegsausbruch nicht interniert wurde. Hätte er mich nicht geheiratet, wäre ich in einem Konzentrationslager gelandet. Alle Leute, die als antibritisch bekannt waren, von denen bekannt war, daß sie subversive Ideen hatten, wurden sofort nach Beginn des Krieges in Lager gesteckt. Also heirateten wir bei Kriegsausbruch, am 29. September 1939.9 Wir feierten sowohl eine religiöse, den hinduistischen Riten entsprechende Hochzeitszeremonie, als auch eine standesamtliche Hochzeit, weil ich den hinduistischen Glauben schon lange angenommen hatte, bevor ich ihn kennengelernt hatte. Die religiöse Zeremonie wurde von einem Brahmanen der Hindumission, dem Priester Girija Kanta Goswami, der mich sehr gut kannte, durchgeführt und er vermählte uns vor dem heiligen Feuer, so wie es in den alten arischen Tagen gemacht wurde. Es ist eine wundervolle Zeremonie. Sonne, Mond und Sterne waren unsere Zeugen. Obwohl es natürlich 10:00 Uhr nachts war. In Bengalen werden Hochzeiten nachts abgehalten. Ich trug einen leuchtend violetten Sari und er trug weiß und wir hatten Blumengirlanden um die Hälse.10

Und wir heirateten und danach ging er in sein Haus und ich in mein Haus. Schlußendlich nahmen wir uns nach einigen Monaten eine gemeinsame Wohnung. Vier Zimmer, zwei für mich und zwei für ihn. Und wir hatten überhaupt kein Eheleben. Wir waren ideologische Kampfgenossen, Freunde, und das war’s. Dann und wann pflegten wir uns zu treffen, um Dinge zu diskutieren, zusammen Bücher zu lesen und das war alles.

Die Regeln des orthodoxen Hinduismus sind sehr streng was die Hochzeit betrifft. Der arischen Tradition in Indien zufolge ist es einem hinduistischen Brahmanen nicht einmal erlaubt, einen Brahmanen aus seiner Provinz zu heiraten, wenn dieser Brahmane nicht aus derselben Unterkaste, sreni, wie er selbst stammt. Wenn der Rari-Brahmane nicht einmal einen Barendra-Brahmanen aus Bengalen heiraten darf, wie kann es ihm dann erlaubt sein, jemand anderes außenstehendes zu heiraten? Es ist ihm nicht erlaubt, einen Kashmiri-Brahmanen zu heiraten. Es ist ihm nicht erlaubt, einen Madrasi-Brahmanen zu heiraten. Selbst wenn der Kashmiri-Brahmane völlig weiß ist. Und wenn er jemand anderes heiratet, soll er keine Kinder haben. Auf diese Art soll er keine Familie gründen. Man gründet in Indien keine Familie. Man findet Eingang in eine schon bestehende Familie, eine Familie, die es schon seit Jahrhunderten gibt. Man führt eine Familie weiter und man kann eine Familie nicht weiterführen, wenn man nicht von angemessener Kaste ist.

Also entschieden wir uns, überhaupt keine Familie zu haben und überhaupt keine Familie bedeutet überhaupt keine Intimität. Wenn man keine Familie will, hat man mit seinen Mitmenschen nichts als platonische Beziehungen. Platonische Beziehungen beendet man nur, wenn man eine Familie will. Wir machten damit weiter. Wir machten damit bis zum letzen Ende weiter. Weil wir daran glauben. Wir glauben, daß die Kräfte, die Gott uns zum heiligen Zwecke der Fortführung unserer Familien gegeben hat, nicht zum bloßen Zeitvertreib benutzt werden sollten. Sie dienen nicht der Unterhaltung. Sie sind keine sozusagen überflüssigen Kräfte, die verschwendet werden sollten. Entweder sollten sie für den göttlichen Zweck eingesetzt werden oder gar nicht. Also wurden wir Freunde. Wir wurden Freunde und wir blieben Freunde. Es war völlig in Ordnung. Ich war ziemlich glücklich, höchst glücklich. Wir hatten den Führer. Die Verbindung zwischen uns war der Führer.


1 Asit Krishna Mukherji (Mukherji ist eine Verkürzung von Mukhopadhyaya) wurde am 13. April 1904 geboren und starb am 21. März 1977 in Neu Delhi.

2 Dietrich Eckart (1868-1923) war ein Dichter, Dramatiker und Journalist, sowie frühes Mitglied der NSDAP. Hitler widmete ihm Mein Kampf (1925).

3 Zur Thule-Gesellschaft siehe Nicholas Goodrick-Clarke: Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus (Graz: Stocker, 1997), S. 121-135.

4 A.K. Mukherjis Dissertation trug den Titel „A Study of British Diplomacy in Central Asia“ („Eine Untersuchung der britischen Diplomatie in Zentralasien“).In Defiance datiert Savitri das Fest auf den 17. Mai 1935 (Defiance, S. 100). Vgl. Savitris Beschreibung in A Warning to the Hindus (Kalkutta: Hindu Mission, 1939), Kapitel 3. Taschenbuchausgabe (Neu Delhi: Promilla Paperbacks, 1993), S. 59.

5 Goodrick-Clarke zufolge K. Yonezawa und sein Nachfolger T. Yoshida (Hitler’s Priestess, S. 72).

6 Siehe Savitris Aufsatz „Shinto: La via degli dei“, („Shinto: Der Weg der Götter“), Arya 4 (1980). Es handelt sich um die von Vittorio de Cecco abgefaßte italienische Übersetzung des englischen Originals, dessen Schicksal unbekannt ist. Dieser Aufsatz enthält wahrscheinlich das für Savitris Aufsätze in The Eastern Economist Charakteristische.

7 Die beiden kommunistischen Neffen sind die wohlbekannten Autoren Subrata Banerjee und Sumanta Banerjee. Subrata Banerjee zufolge setzte ihn Savitri  von A.K. Mukherjis Tod in Kenntnis und Banerjees „jüngerer Bruder“ (den ich für Sumanta Banerjee halte) führte die Bestattungsriten auf Anfrage oder zumindest mit Kenntnis Savitri Devis durch (Subrata Banerjee, „Anmerkung zu Ashit Krishna Mukherjee“, unveröffentlichtes Manuskript).

8 Sophia W— war eine von Savitris Freundinnen in Neu Delhi.

9 Es handelt sich um das Datum der standesamtlichen Trauung.

10 Datum der religiösen Zeremonie war der 9. Juni 1940 (Defiance, S. 497).