Nennen Sie mich nicht „Mrs. Devi“
von Savitri Devi
Aus einem Brief an Martin Kerr, ediert von R. G. Fowler
übersetzt von Bastian Thoemmes
Es ist ein häufiger Fehler, sich auf Savitri Devi kurz und knapp mit „Devi“ zu beziehen, als ob es sich um ihren Nachnamen handele, ganz so wie man „Friedrich Nietzsche“ ja auch nur bündig „Nietzsche“ nennt. Savitri erklärt in dem folgenden Briefauszug, warum dies in ihrem Falle falsch ist: Da „Devi“ kein Nachname, sondern ein Titel ist – und da der Name ihres Mannes, Mukherji, kein Bestandteil ihres Künstlernamens war –, ist es unangemessen, entweder das eine noch das andere Wort allein zu benutzen, um sie zu bezeichnen. Ihr gewähltes Pseudonym ist Savitri Devi, und obwohl es anmaßend und unfreiwillig komisch wäre, sich auf Nietzsche mit der Kurzform „Friedrich“ zu beziehen, so ist es doch angezeigt, Savitri Devi „Savitri“ zu nennen, ganz so wie wir Sankt Martin ja eben auch „Martin“ nennen, da sich der vorstehende Namenszusatz eben nicht zur Bezeichnung dieser Person eignet.
—R. G. Fowler
[Neudelhi, den 13. Mai 1979]
[…] Übrigens, nennen Sie mich nicht „Mrs. Devi“. Das ergibt keinen Sinn. Devi (die Femininform von Deva, steht für Göttin) ist nur ein Titel, den der Überlieferung gemäß jede Hindufrau einer der vorgegebenen arischen Kasten – eine Brahmanin oder eine Kschatrija – ihrem individuellen Namen nachstellen darf. Heutzutage, mit dieser ganzen Demokratiepropaganda (ein Geschenk der christlichen Missionare und des britischen Erziehungssystems), gibt es viele indische Frauen und Mädchen, die sich selbst Sowieso „Devi“ nennen, ohne irgendein Anrecht darauf zu haben – das war schon eingerissen, als ich zum ersten Mal nach Indien kam, aber noch nicht so sehr.
Eigentlich sollte sich eine Frau einer jeden nichtarischen Kaste – d. h. die überwältigende Mehrheit der indischen Frauen – Sowieso Dasi nennen; das Wort „Dasi“ ist die Femininform von „das“ (Sklave oder Diener). Das alte, ehrliche, saubere und tüchtige Dienstmädchen, das wir hatten, als Mr. Mukherji und ich in Kalkutta unter demselben Dach lebten, gehörte der Maheschja-Kaste an (eine Bauernkaste aus Westbengalen). Sie hieß Sindhubala Dasi – niemals hätte sie davon geträumt, sich selbst „Devi“ zu nennen!
Der Name Savitri (Sonnenenergie – die Femininform von Savita, eines der Namen von Surja, der Sonne) wurde mir von den Mädchen der Schantiniketan-Universität gegeben, wo ich 1936 sechs Monate zubrachte und mein Bengali etwas aufpolierte (das ich mir selbst beigebracht hatte) und Hindi las. Dann schrieb ich ein Buch auf Französisch, L’Etang aux lotus [Der Lotosteich: Eindrücke von Indien (dt. 2005)], und nahm „Savitri Devi“ als einen geeigneten Künstlernamen an. Dann (1937 und 1939) schrieb ich zwei weitere Bücher auf Englisch, A Warning to the Hindus [engl. „Den Hindus zur Warnung“] und The Non-Hindu Indians and Indian Unity [engl. „Die nichthinduistischen Inder und die indische Einheit“],und veröffentlichte sie unter „Savitri Devi“.
Mr. Mukherji kannte ich damals noch nicht (bis zum 9. Januar 1938). Er gab mir bei Ausbruch des Krieges (September 1939) seinen Namen – wir waren Kämpfer für dieselbe Sache –, damit ich nicht von den Briten als unerwünschter Ausländer (ich hatte die griechische Nationalität) interniert würde, denn es war von mir wohlbekannt, daß ich gegen die britischen Kriegsanstrengungen war, d. h. auf deutscher Seite stand, ganz so wie Mr. Mukherji selbst, aber er war klüger als ich.1 Sie hielten ihn zwei Tage lang fest, und er schlüpfte ihnen durch die Finger […] während er seine Aktivitäten im geheimen fortsetzte.
Deshalb bin ich nicht „Mrs. Devi“, sondern Mrs. Mukherji – oder, wenn Sie so wollen, Savitri Devi Mukherji – oder Savitri Devi –, aber nicht allein „Devi“. Ich habe Mukherji meinem Künstlernamen nicht angefügt, als ich geheiratet habe (September 1939), da bereits drei Bücher unter dem Namen Savitri Devis zirkulierten. […]
Mit einem herzlichen Heil Hitler!
Savitri Devi Mukherji
1 Savitris Vergleich an dieser Stelle ist nicht eindeutig, doch vermutlich vergleicht sie eine ansonsten unbekannte Inhaftierung A. K. Mukherjis durch die britischen Behörden in Indien mit ihrer späteren Verhaftung in Köln am 20. Februar 1949 aufgrund der Verteilung von nationalsozialistischem Propagandamaterial.